7. November 2018

Q Check auf den BLE-Innovationstagen 2018

Aus dem Tagungsband der BLE-Innovationstage (23. & 24. Oktober 2018 in Bonn)

Projektziel
Die Debatte um Tierwohl stellt viele Milchvieh haltende Betriebe vor Herausforderungen. Der Markt, die Gesellschaft und die Politik adressieren gleichermaßen Forderungen, Tierwohl messbar zu machen. So ist seit 2014 jeder Milchviehhalter im Rahmen der betrieblichen Eigenkontrolle gesetzlich dazu verpflichtet, das Wohlergehen seiner Tiere anhand von Tierschutzindikatoren zu erheben und zu beurteilen (s. § 11 Abs. 8, TierSchG). Zudem werden mit der Forderung nach einem nationalen Tierwohlmonitoring (WBA-Gutachten 2015, Nutztierhaltungsstrategie des BMEL 2017) weitere Ansprüche an eine zukunftsfähige Nutztierhaltung gestellt. Welche Indikatoren für diese Zwecke geeignet sind, bleibt jedoch offen. Ebenso ungelöst ist die Frage nach einer angemessenen Dokumentation der Ergebnisse.
Ziel von Q Check ist die Entwicklung eines deutschlandweiten Monitoringsystems, das anhand tierbezogener Indikatoren Tiergesundheit – als einen zentralen Aspekt des Tierwohls – in deutschen Milchviehherden messbar machen soll. Damit unterstützt dieses System Landwirte bei der Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkontrolle und einem darauf aufbauenden Tierwohlmanagement im Betrieb. Zudem wird dem Landwirt die Möglichkeit gegeben, sich mit ähnlich strukturierten Betrieben zu vergleichen. Aufgezeigte Schwachstellen im betrieblichen Management bieten in Zusammenarbeit mit Tierarzt und/oder Berater das Potenzial, die Tiergesundheit nachhaltig zu verbessern.

Realisierung
Als Basis dienen vier etablierte Systeme, die seit Jahren deutschlandweit einheitlich tierbezogene Daten generieren. Neben der Milchkontrolle – mit monatlich über 3,7 Millionen getesteten Kühen – gehören dazu die Milchgüteprüfung, die Datenbank des Herkunftssicherungs- und Informationssystems für Tiere (HIT) und das Auditierungssystem des Qualitätsmanagements Milch (QM-Milch). Nach der Devise „Bewährtes Bündeln und Verbessern“ arbeitet ein Team aus Praktikern, Tierärzten sowie Agrar- und Sozialwissenschaftlern daran, das Potenzial von bereits verfügbaren Indikatoren auszuschöpfen, um diese bedarfsgerecht für Landwirte, betreuende Tierärzte und Berater nutzbar zu machen.
Bei der Auswahl und der Beurteilung der Indikatoren verfolgt das Projekt einen interdisziplinären Ansatz: Praktiker, Experten aus Wissenschaft und Veterinärmedizin sowie Stakeholder der Milchbranche liefern in einem aufwendigen Verfahren ihren Input dazu, welche Indikatoren als geeignet erachtet werden. Diese werden im weiteren Projektverlauf so zusammengefasst und aufbereitet, dass sie neben der Erfüllung des gesetzlichen Anspruchs auch für das betriebliche Tiergesundheitsmanagement einen Nutzen bringen. Dabei wird der Heterogenität der deutschen Betriebslandschaft mittels einer deutschlandweit einheitlichen Betriebsklassifizierung Rechnung getragen, um dem Landwirt im Sinne eines Benchmarking die Möglichkeit zu geben, den eigenen Betrieb einzuordnen und auf Länder- bzw. Bundesebene mit anderen Betrieben vergleichen zu können.
Q Check untersucht zudem neue Analysemöglichkeiten der Milchkontrolle, mit deren Hilfe Stoffwechselimbalancen, vor allem in der sensiblen Zeit der Frühlaktation, aufgedeckt werden können. Dafür muss die Routineanalytik deutschlandweit ausgebaut werden, um dem betrieblichen Management ein rechtzeitiges Eingreifen im Sinne eines Frühwarnsystems zu ermöglichen. Auf Basis der “Machine Learning Algorithms”, die der Erfassung von Assoziationen aus den anfallenden Massendaten dient, werden entsprechende Vorhersagemodelle angewandt, systematisch optimiert und automatisiert.

Ergebnisse
Die im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Ermittlung geeigneter Indikatoren durchgeführten Delphi- und Stakeholderbefragungen sind zum Zeitpunkt der Einreichung noch nicht abgeschlossen. Die derzeitigen Rückmeldungen bestätigen, dass die Festlegung von Zielgrößen und Grenzwerten vor dem Hintergrund der Indikatorenbeurteilung alles andere als trivial ist. Weitere Datenanalysen sollen helfen, die Vor- und Nachteile einer Status Quo-basierten versus einer normativen Bewertung darzulegen.
Nach Auswertung aller Rückmeldungen werden die Ergebnisse im Rahmen von Round Table-Gesprächen und Workshops allen Beteiligten vorgestellt. Diese Plattformen sollen dazu dienen, gemeinsam mit allen relevanten Akteursgruppen der Branche einen abgestimmten Vorschlag für eine praktikable Indikatorenliste zu erarbeiten.

(Geplante) Verwertung
Schlussendlich umfassen die in Q Check betrachteten Indikatoren zur Erfassung von Tiergesundheit im Betrieb nur eine Auswahl an Indikatoren, die bei der Beurteilung von Tierwohl eine Rolle spielen. Zukünftige Entwicklungen können das System um weitere automatisiert erfassbare Indikatoren ergänzen. Q Check bietet die Chance, einen proaktiven Ansatz zu liefern, um das bestehende Vakuum zu füllen: Die genannten vorhandenen Systeme bilden eine bewährte Basis und der beschriebene Auswahlprozess eine anerkannte Grundlage, um mit den abgestimmten Indikatoren – in anonymisierter Form – wichtige Aspekte des Tierwohls in der Milchviehhaltung zu beschreiben, um letztendlich die Diskussion um das Wohlergehen von Milchkühen zu versachlichen.